
Autismus-Spektrum
Jedes Kind ist einzigartig – und das gilt ganz besonders für Kinder mit Autismus. Es handelt sich um eine neurologische Entwicklungsstörung mit einer besonderen Art, die Welt wahrzunehmen und zu erleben. Manche Kinder mit Autismus lieben klare Strukturen und wiederkehrende Abläufe, andere brauchen viel Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten. Viele tun sich schwer damit Blickkontakt zu halten oder auf soziale Signale zu reagieren und einige haben eine ganz eigene Art zu sprechen oder sich auszudrücken. Auch bestimmte Geräusche, Berührungen oder Veränderungen im Alltag können sie stark fordern. Autismus zeigt sich bei jedem Kind anders – es gibt kein „typisches“ Verhalten. Manche Kinder sind sehr sensibel gegenüber Reizen, während andere sich intensiv für ein bestimmtes Thema begeistern und sich stundenlang damit beschäftigen können. Was für die einen gut funktioniert, kann für andere schwierig sein. Deshalb ist es uns wichtig, genau hinzuhören und individuell auf jedes Kind einzugehen.
Gastkinder mit Autismus haben besondere Bedürnisse
Wir haben in den letzten Jahren viel gelernt – vor allem durch die Kinder und ihre Familien selbst. Bei der Anreise nehmen wir uns deshalb besonders viel Zeit für das Aufnahmegespräch. Für Kinder mit Autismus haben wir einen speziellen Fragebogen entwickelt, bei dem es weniger um körperliche Bedürfnisse, sondern vielmehr um ihre persönlichen Vorlieben, Herausforderungen und möglichen Trigger geht. Welche Beschäftigungen machen Freude? Wo fühlt sich das Kind wohl? Gibt es Dinge, die es unbedingt vermeiden möchte? Um diesen besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden, haben wir einige gezielte Anschaffungen gemacht: eine Therapieschaukel, ein Dunkelzelt für Rückzugsmomente und verschiedene taktile Spielzeuge. Unser Spielplatz bietet tolle Klettermöglichkeiten und wenn das Wetter nicht mitspielt, gibt es unseren Toberaum, in dem sich die Kinder frei bewegen können. Falls ein Kind intensivere Begleitung braucht, stellen wir eine 1:1-Betreuung bereit – mit Zeit, Geduld und viel Feingefühl.
Unser Ziel ist es, dass sich alle Kinder bei uns wohlfühlen und ihre Auszeit in der Familienherberge genießen können – ganz egal, ob sie Action oder Ruhe brauchen. Wir lernen jeden Tag dazu und freuen uns, mit unseren kleinen Gästen neue Wege zu entdecken.

Autismus – Ein Erfahrungsbericht von Familie D. aus Marbach
„Für uns bedeutet Urlaub in der Familienherberge Lebensweg, dass wir Unterstützung erhalten und somit mehr Zeit haben für unsere Partnerschaft. Wir lieben es Eltern von zwei tollen kleinen Wundern zu sein aber die Partnerschaft kommt im Alltag oft zu kurz. Wenn wir Gast in der Familienherberge Lebensweg sind, ist es für uns purer Luxus auch mal die einfachsten Dinge einer Partnerschaft zu erleben. Ob es ein „Essen gehen“ ist, ein Kinobesuch oder auch einfach mal einen Stadtbummel mit Kaffee, Zeit zu zweit.
In der Familienherberge Lebensweg tanken wir sehr viel Kraft und lernen auch andere tolle Eltern kennen und können mit Ihnen in Ruhe reden, Tipps und Infos austauschen. Dieser Austausch ist sehr wichtig, um zu erkennen, dass man nicht alleine mit den alltäglichen Schwierigkeiten ist und dass es ganz tolle Menschen gibt, die einen verstehen.

Der Aufenthalt in der Familienherberge Lebensweg mit autistischen Kindern
Wenn wir in der Familienherberge Lebensweg sind, werden wir immer herzlich aufgenommen sowohl wir, als Eltern, als auch die Kinder. Unsere Mädchen dürfen genauso sein, wie sie sind und wunderschöne Abenteuer erleben. Wir als Eltern können entspannen, da wir wissen, dass unsere Kinder sehr liebevoll betreut und sehr gut aufgehoben sind und man sich immer um ihre Bedürfnisse und Wünsche kümmert. Es werden sehr viele tolle Angebote sowohl für uns Eltern, wie zum Beispiel Massagen, Töpfern oder auch Handarbeit angeboten, die man mit seinem Partner gemeinsam erleben kann oder aber auch mit den Kindern als ganze Familie. Alle in der Familienherberge Lebensweg, egal ob in der Küche,
an der Rezeption, im Pflegeteam oder auch in der Organisation sind immer freundlich, liebevoll und hilfsbereit und geben ihr Bestes, dass der Aufenthalt etwas ganz Besonderes wird.
Gerade im Autismus-Spektrum werden unsere Kinder oft nicht verstanden. Leonie und Isabel sind zudem nonverbal, was die Kommunikation erschwert. Das Pflegeteam kennt sich sehr gut mit Gebärden aus, aber auch mit den oft bei Autisten benutzen Metacomkarten, sowie dem Talker (Metatalk). Aber das Pflegeteam ist auch offen für die eigene Sprache der Kinder. Leonie hat sehr große Probleme mit Reizüberflutung, Meltdowns und Overload, Stimmungsschwankungen und Isabel hat eine ganz geringe Frustrationsgrenze und verfängt sich oft. Trotz diesen Schwierigkeiten gibt das Team der Familienherberge Lebensweg ihr Bestes, immer eine Lösung zu finden. Mit viel Feingefühl und Herzlichkeit, aber auch viel Erfahrung und Offenheit für Neues bekommt das Team die Situation immer in den Griff. Die Kinder fühlen sich von Tag eins an sehr wohl. Auch das Thema Weglauftendenz und keine Gefahren-Einschätzung waren nie ein großes Problem für die Familienherberge Lebensweg, da sie dank der 1:1-Betreuung stets ein Auge auf die Kinder haben. Auch das Thema Essen ist bei Autisten oftmals ein sehr großes Problem, nicht aber für die Familienherberge Lebensweg. Sie passt sich den Bedürfnissen an und findet mit den
Eltern eine geeignete Lösung für jedes Kind. Ich selbst durfte auch schon in der Familienherberge Lebensweg einen Informationsabend im Rahmen des „Elterncafés“zum
Thema Autismus anbieten. Es war ein sehr schöner Abend in sehr angenehmer Atmosphäre und es war ein toller Austausch mit vielen hilfreichen Tipps und Informationen. Ich
persönlich finde es sehr wichtig, dass das Thema Autismus verständlich gemacht wird und auch den Menschen die Chance gegeben wird, dieses Krankheitsbild zu verstehen. Das Autismus-Spektrum, beziehungsweise welche Facetten Autismus haben kann, ist für viele noch zu unbekannt. Viele denken bei Autismus an Greta Thunberg, den Film Rain Man oder Einstein. Dass Autismus aber auch eine schwere (seelische) Behinderung sein kann, die zum Beispiel eine schwere Entwicklungsverzögerung, fehlende Sprachentwicklung, eingeschränkte Fein- und Grobmotorik, Ängste und Panik, und vieles mehr beinhalten kann, ist den wenigsten bekannt. Deshalb finde ich es sehr schön, dass die Familienherberge Lebensweg es unterstützt, das Thema Autismus-Spektrum bekannter zu machen. Wir als Familie finden es schön, dass es Projekte wie die Familienherberge Lebensweg gibt und finden es nur schade, dass es nicht noch mehr solche Herzensprojekte gibt, die den Familien zumindest eine kurze Zeit gibt, um neue Kraft zu tanken und somit ein Geschenk für die ganze Familie ist.“

Autismus - eine besondere Erfahrung unserer Sozialpädagogin Claudia Diwald
Unsere Kolleginnen und Kollegen der Pflege leisten wunderbare Arbeit, mit einer Selbstverständlichkeit und Fürsorge für unsere Gastkinder. Ein Erlebnis möchte ich als Kollegin aus der
Betreuung doch einmal in den Mittelpunkt rücken und eine Sternstunde in unserer gemeinsamen Arbeit erzählen. Ein Kind mit Autismus war die ersten beiden Tage vor allem bei den Eltern. Zu fremd war ihm die ungewohnte Umgebung. Gemeinsam mit der Pflegekraft waren sie im Haus unterwegs.
Wie bei uns, man kennt das: Man geht auf Reise und die erste Nacht ist unruhig. Man ist die Matratze nicht gewohnt, die Umgebungsgeräusche. Wie viel schwieriger ist es da für ein Kind mit Autismus, das feste Bezugspersonen gewohnt ist, sich auf die Gegebenheiten hier bei uns in der Familienherberge Lebensweg einzulassen. Mit Feingefühl und Geduld haben meine Kolleginnen und Kollegen das Kind „abgeholt“. Allmählich hat sich das Kind eingewöhnt und war nun auch stundenweise in seinem Zimmer im Pflegebereich ohne Eltern. Heute Morgen war mein Kollege mit dem Kind in dessen Zimmer. Wir haben uns entschlossen, zumindest zu versuchen, ob es sich auf mich und Klänge einlassen kann.
Leise habe ich die Türe geöffnet und bin kniend zunächst an der Türe geblieben und habe das Klangspiel angeschwungen. Wie ist seine Reaktion? Bleibe ich dort, darf ich näherkommen? Mag es die Klänge? Es spielte mir einen Kreisel, mit dem es sich beschäftigt hatte, zu. Ich habe das als Einladung aufgefasst und bin ein Stück weiter ins Zimmer, habe den Kreisel zurückgespielt und weiter das Klangspiel tönen lassen.
Das Kind lehnte den Kopf an die Schulter der Pflegekraft.
Nach kurzer Zeit robbte das Kind zu mir.
Es hob die Hand und hat das Klangspiel selbst angespielt.
Immer wieder hat es mich angeschaut, um sich dann wieder konzentriert mit dem Klangspiel zu befassen.
Ich war überrascht und auch sehr berührt.
Sicherheit hatten meine Kolleginnen und Kollegen diesem Kind vermitteln können, dass es sich so auf die Situation eingelassen hat?
Bestimmt eine viertel Stunde saß ich ruhig und es hat gespielt.
Dann nahm es meine Hand, was für mich ein besonderer Vertrauenshinweis war und verabschiedete sich.
Genug.
Veranstaltungshinweis
Elterntreff zum Thema Autismus
Unsere liebe Frau Dries, Mutter zweier autistischer Mädchen und Autorin des Erfahrungsberichts, ist bei unserem nächsten Elterntreff, am 15. April 2025 um 10:00 Uhr zu Gast.
Kommen Sie gerne vorbei und lernen Sie sie und ihre besondere Herausforderungen im Alltag kennen!
